Eine Informationsreihe des Böcksteiner Montanforschungszentrums Radhausberg

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„Kindszucht“ zwei bis drei Gulden an die Mutter- damit waren für ihn sämtliche Alimentationsverpflichtungen  abgegolten. Im Normalfall erwiesen sich die Bindungen aber durchaus als dauerhaft, und die Frau betätigte sich als bäuerliche Hilfskraft („Dirn“), womit sie für sich und ihren bergmännischen Lebensgefährten die Unterkunft am Hof sicherstellte. Es war weiters durchaus üblich, daß auch die „inwohnenden“ Bergleute dem Bauern halfen, so an den Wochenenden, aber gelegentlich auch während der Arbeitswoche, wenn ihnen beispielsweise für die Heuernte das Wegbleiben von der Arbeit am Berg („Feiern“) offiziell gestattet wurde.

 

Die Lehenhäuer als gehobene Mittelschicht der sozialen Berghierarchie waren durchaus ebenbürtige Heiratskandidaten für „weichende“ Töchter aus reichen, besitzenden Bauernfamilien. Hingegen bildete die Schicht der Gewerken einen Heiratskreis mit Bürgern, im späteren 16. Jahrhundert auch mit adeligen Familien. Das beste Beispiel sind die Weitmoser in der dritten Generation: eine Weitmoser-Tochter heiratete einen Angehörigen aus der hochadeligen Familie der berühmten Khevenhüller.

 

Das Reallohneinkommen („Freigeld“), also jener Betrag, der nach Abzug der Kosten für die Nahrungsmittel ausbezahlt wurde, war immerhin hoch genug, um zumindest am Wochenende ein angenehmes Leben, natürlich unter Einbeziehung des Weingenusses, führen zu können. Dessen ungeachtet war die Verschuldung, speziell unter den Lehenhäuern, hoch. Die überlieferten Berggerichtsbücher sind voll mit sogenannten „Führungen“. Es handelte sich dabei um Verpfändung des gehauenen Erzes. Der Gewerke zahlte in solchen Fällen den Kaufpreis für das eroberte Erz nicht an den Lehenhäuer, sondern direkt an dessen Gläubiger, auf den der richterliche Spruch hin-“führte“ - daher das Wort „Führung“.  Im Prinzip kam das einer speziellen Form der Lohnpfändung gleich..

 

Die soziale Sicherheit lag nach heutigen Vorstellungen auf sehr niedrigem Niveau und wurde von den sogenannten „Bruderschaften“ wahrgenommen. Jeder Bergmann mußte einen Pfennig pro Gulden an seine Bruderschaft abliefern, das war exakt ein Zweihundertvierzigstel des Lohnes.  Die Gegenleistung der Bruderschaft bestand darin, daß sie im Krankheitsfall eine Unterstützung bot, die über das Ärgste hinweghalf. Auch Witwen und hinterlassene Kinder von Bergarbeitern bekamen gewisse finanzielle Zuwendungen. Echte Alterspensionen gab es für die sogenannten „Provisioner“, doch war deren Zahl sehr gering. Zum Bezug berechtigte nicht das Erreichen eines bestimmten Alters, sondern nur die Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit oder mangelnder Arbeitskraft. Man muß in diesem Zusammenhang bedenken, daß die durchschnittliche Lebenserwartung bei ungefähr fünfunddreißig Jahren lag. Eine fast schon als sensationell zu bezeichnende Ausnahme stellt der Fall des Gasteiner Bergrichters Blasy Erlbeck dar, der gesund war und mit achtzig Jahren noch aktiv seinen Richterdienst versah, dann aber aus Glaubensgründen emigrieren mußte. Er ging nach Kärnten und übte im Berggerichtssprengel von Steinfeld weiterhin  seinen Beruf aus. Als er auch dort unter Glaubensdruck geriet, wanderte er in das slowakische Bergbaugebiet aus, wo er dann im Alter von mehr als hundert Jahren verstarb.

 

Ernste Krankheiten dauerten kaum jemals lange, da sie zum baldigen Tod führten. Etwas anders lag die Situation bei Verletzungen, die man verhüllend als „unglückliche Zufälle“ bezeichnete.  Das Gasteiner Bad verhalf oft zu guter Heilung und Wiedereinbindung in den Arbeitsprozeß. Sieht man von der Benützung der Bäder ab, so blieben Heilbehandlungen auf die Anwendung jener Kräuter beschränkt, die von den „Kräuterweibln“ angeboten wurden.

An Unterhaltung gab es nicht viel. In erster Linie sind die Wirtshausbesuche zu erwähnen, wobei handfeste Raufereien an der Tagesordnung waren. Erlitt dabei jemand eine schwere Verletzung („Leibschaden“), so hatte das ein  Nachspiel vor dem Bergrichter, der  entsprechende Geldstrafen verhängen konnte. Die Bergleute trugen sich mit einem gewissen Stolz und reagierten auf Ehrenbeleidigungen sehr empfindlich, was auch häufig dazu führte, daß der  Bergrichter eingreifen mußte. In den meisten Fällen wurde die Angelegenheit so geregelt, daß die