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Informationsreihe des Böcksteiner Montanforschungszentrums Radhausberg (MFZR) |Home| |
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Teil 1 Ausgewählte montanhistorische Notizen zu den Schmelzplätzen in der Gadauner Grundalm Deutliche Indizien weisen darauf hin, daß bereits Römer, wahrscheinlich auch Slawen das Erzvorkommen auf der Erzwies (siehe die Abbildungen 1 bis 3), also im Einzugsbereich des innersten Angertales kannten. Die durch archivalische Schriften eindeutig bezeugten montanistischen Aktivitäten reichen in das 14. Jahrhundert zurück. Im Jahre 1386 mußten zwei halb-bäuerliche Kleinstgewerken, Peter Maul und Elsbet Händlein, ihre jeweiligen Kolben" an einen gewissen Konrad Decker aus Leoben verpfänden. Dieser Mann vereinigte in seiner Person die vom Landesherrn erkauften" montanistischen Steuerrechte sowie die behördliche" Aufsichtsfunktion über den Bergbau mit weitreichenden Aktivitäten als privater Geldverleiher. Er machte sich, das sei nur nebenbei bemerkt, durch sein rücksichtsloses Vorgehen gegenüber den bei ihm verschuldeten heimischen Kleinstgewerken so verhaßt, daß er 1386 bei Nacht und Nebel flüchten mußte, und zwar ging er über den Korntauern nach Kärnten, wo er seine üblen Machenschaften mit neuen Opfern weitertrieb. Aber zurück zu den verpfändeten Kolben". Die Urbedeutung des Wortes ist die von Keule". Es muß sich dabei um ein einfaches Schlagwerkzeug gehandelt haben, mit dem man in frühester Zeit das erzhältige Gestein zerkleinerte. Diese Tätigkeit spielte sich in einer primitiven Holzhütte ab, die dann nach dem auffallenden Werkzeug als Kolben-Hütte" und dann einfach als Kolben" bezeichnet wurde (eine sogenannte Pars-pro-toto Bezeichnung). Man kann somit ganz allgemein sagen, daß Kolben" (=Kolm") eine zuerst einfache, später mit Erzmühlen und schließlich mit Pochern und Goldwasch-Herden ausgestattete montanistische Aufbereitungsanlage bedeutete. Im Kolm"-Saigurn ist dieses Wort bis heute als geographischer Name erhalten geblieben. Die Tradition der Kolben erstreckt sich im innersten Angertal über rund zwei Jahrhunderte, bis etwa in die ersten Jahrzehnte des 16. Jahrhunderts herauf. Aus dieser späteren Zeit ist ein gewisser Lazarus Keutzl als Besitzer eines Kolbens im Anger" genannt. Die Keutzl waren eine alteingesessene Familie, die in der Stadt Salzburg und im Gasteinertal große Besitzungen hatte. Auffallend an der Situation im Angertal ist, daß dort in den frühesten Urkunden nur Aufbereitungsanlagen, aber keine Schmelzhütten erwähnt werden. Entweder ist das ein Zufall der Überlieferung - dann könnten die archäologischen Forschungen eine wichtige Ergänzung einbringen. Oder es ist kein Zufall, und es hat eben zunächst, im 14. und frühen 15. Jahrhundert, in diesem Gebiet keine Schmelzhütten gegeben. Dies würde bedeuten, daß man nur freigoldhältigen Quarz oder goldreiche Erze aufarbeitete, aus denen nach entsprechender Zerkleinerung korporalische", also körperliche" Goldpartikelchen herausgewaschen werden konnten. Auch die Amalgamation, bei der man das Gold mit Hilfe von Quecksilber herausholte, gab es schon. Ein Großteil der Erze enthielt das Gold aber nicht als separierbaren Bestandteil in korporalischer" Form, sondern unsichtbar und unteilbar in sich eingeschlossen. Solche Erze mußten auf alle Fälle dem Schmelzprozeß unterzogen werden. In der Gadauner Grundalm begann die Schmelztätigkeit etwa im letzten Drittel des 15. Jahrhunderts. Ganz konkrete Nachrichten über die dortigen Schmelzhütten finden sich seit 1490 in den erhaltenen Abrechnungen Melchior von Meckaus. Dieser Mann war Bischof des Bistums Brixen, zugleich auch weltlicher Regent dieses geistlichen Fürstentums - und er war sehr reich. Wie sehr er an Geld und Geldeswert hing, bezeugt ein überlieferter Bericht, demzufolge er noch in seiner Todesstunde einen Schuldschein über eine hohe Geldsumme, die ihm das Handelshaus der Fugger schuldete, mit beiden Händen fest umklammert hielt. Melchior von Meckau, der unter anderem auch Bergwerke in Südtirol und im Schwarzwald besaß, ließ sich später in seinem Bistum Brixen vertreten und lebte seit 1503 als Kardinal in Rom. Der Verwalter seiner Gasteiner Bergwerke war zuerst der groß auftretende Clement Gasser, später ein gewisser Blasy Haug. Der montanistische Komplex umfaßte hauptsächlich Stollen auf der Erzwies und am Bockhart. Den besten Ertrag lieferte die in der Erzwies gelegene Grube Unserer Lieben Frauen", in der Erasmus Weitmoser als Lehenschafter" eine Art Subunternehmer oder Pächter (im weitesten Sinne des Wortes) war. Er gewann im Durchschnitt zehn Mal so viel Erz wie andere Lehenhäuer in den benachbarten Gruben. Natürlich war dabei eine große Portion Glück mit im Spiel, aber ohne sein organisatorisches und unternehmerisches Talent wäre es ihm wohl kaum gelungen, den Grundstock für den späteren Reichtum der Familie Weitmoser zu schaffen. Die gewonnenen Erze lieferte man per Sackzug ins Angertal, wobei die Bockharter Erze zuerst mit Saumpferden zur Baukarlscharte getragen werden mußten (siehe Abbildung 4). Reste eines Sackzugweges sind noch an mehreren Stellen im Schattbach (Schappach)-Graben deutlich zu erkennen. Den zwischen Felsschrofen ziemlich steil nach oben führenden Schnapfen-Zugweg gab es noch nicht, er wurde erst unter Landesadministrator Herzog Ernst für Zwecke des Sackzugs gebaut, - oder doch zumindest ausgebaut. Im Talschluß standen eine ganze Reihe von Gebäuden. An erster Stelle sind natürlich die Schmelzhütten zu nennen, in denen mindestens zwei, möglicherweise aber vier Schmelzöfen mit dazugehörigen Blasebälgen betrieben wurden (siehe Abbildung 5). Es war im Normalfall immer so, daß man mindestens zwei unmittelbar nebeneinander gelegene Öfen zugleich bediente. Während der eine Ofen im Schmelzbrand lief, konnte der zweite Ofen begichtet", das heißt im richtigen Verhältnis mit Erz und Holzkohlen gefüllt und so für den eigentlichen Schmelzgang vorbereitet werden. Ein einzelner Schmelzmeister war problemlos in der Lage, mit Hilfe seiner Schmelzerknechte beide Öfen zugleich zu betreuen, und man ersparte sich auf diese Weise die Beschäftigung und teure Entlohnung eines zweiten Schmelzmeisters. Für den letzten der zahlreichen Schmelzgänge benötigte man noch einen weiteren, ganz speziellen Ofen, einen sogenannten Treibherd". Er unterschied sich von den normalen Öfen dadurch, daß er einen eisernen Hut" trug. Das war ein großer, eiserner Deckel, der mit Hilfe eines Galgen-Krans angehoben und abgesenkt werden konnte. Am Ende des Treibherd-Schmelzens zeigte sich das Blicksilber", eine Legierung aus etwa einem Teil Gold und drei Teilen Silber, im Gesamtgewicht von rund einem Kilo - oder auch mehr! Das Herausheben des fertigen Blicksilbers" war immer ein großes Ereignis, und die Schmelzer erhielten dafür sogar eine Sonderration an Wein, den sogenannten Treibwein". Der im Angertal in der Meckauschen Hütte verwendete eiserne Hut" war übrigens von einem Plattner" (Blechschmied) in Werfen hergestellt und mittels Schlittenfuhr hereintransportiert worden. Neben der Schmelzhütte besaß Melchior von Meckau auch einen der traditionellen Kolben mit dazugehörigem Wasch-Herd, wo auf Sandkorngröße zerkleinertes Erzgestein mittels der rauhen Fletz"-Plachen gewaschen wurde. Des weiteren gab es mindestens zehn sogenannte Kästen". Das waren absperrbare, üblicherweise mit einem Pultdach abgedeckte Holzhütten, in denen z. B. Erze aubewahrt wurden, aber auch andere Materialien, die man zum Schmelzprozeß brauchte, wie etwa Asche und Lehm. Die Arbeiter hatten irgendwo in der Nähe des Schmelzwerkes eine eigene Wohnhütte, deren Betten sogar mit Leilach" (Leintüchern) ausgestattet waren, sowie eine Badehütte, die man sich am besten als frühe Form einer Sauna vorstellen muß. Auch ein Roßstall und eine Hütte für die Schlitten war vorhanden. In der näheren und weiteren Umgebung standen mehrere Kohlenmeiler in Betrieb. Die dort erzeugte Holzkohle wurde mittels der Pennen" ( Schlitten mit korbartigem Aufsatz aus geflochtenen Weidenruten) angeliefert und in den Kohlparmen" (Kohlenhütten) gleich neben den Schmelzhütten gelagert. Ins Haupttal heraus führten zwei fahrbare Wege, die hauptsächlich im Winter für die Schlittentransporte benützt wurden. Die Wagentransporte waren viel teurer und galten als tunlichst zu meidender Luxus". Zu den Transportmethoden ist noch die Holztrift zu zählen, für die eine im hinteren Angertal errichtete Klause" (Stausperre) diente. Mit deren Hilfe konnte der Bach einige Zeit aufgestaut werden. Das Öffnen der Klausentore erzeugte eine Flutwelle, die dann stark genug war, um die eingelegten Drehlinge" (etwa ein Meter lange Holzscheite) bis hinaus ins Haupttal zu schwemmen, wo sie bei einer Lend" (Einländungsstelle) irgendwo im Bereich von Lafen geländet" (wieder an Land gezogen) wurden. Interessant ist auch, daß schon damals am Ausgang der Angertal-Schlucht eine mechanische Brettersäge arbeitete. Der Antrieb erfolgte dem technischen Stand der Zeit entsprechend mittels eines Wasserrades. Mit allergrößter Wahrscheinlichkeit war Melchior von Meckau nicht der einzige Hüttherr in der Gadauner Grundalm. Nach Ausweis der Schlackenhäufen dürften mindestens vier getrennte Schmelzanlagen bestanden haben: eine am Schattbach, eine am Egglgrub-Bach und zwei weitere etwas weiter heraußen am Angerbach. Als Gewerken kommen die Augsburger Fugger in Frage, die auf der Erzwies zahlreiche Grubenanteile besaßen, weiters die Kufsteiner Baumgartner und Anthoni von Roß. Letzterer war der besondere Günstling des Tiroler Erzherzogs Sigmund des Münzreichen und führte in Hall erstmals die Prägung von Goldmünzen ein. Das dafür benötigte Gold kam von seinen Gasteiner Goldbergwerken. Alles in allem mußte um das Jahr 1500 herum im hintersten Angertal und speziell am Talschluß ein kleines Industriedorf mit mindestens 20 bis 30 Gebäuden, wohl größtenteils Holzbauten, bestanden haben. Es herrschte Lärm von den Pochwerken (siehe die Anmerkung 1), und alles war erfüllt mit Rauchschwaden, die teils den Schmelzöfen und teils den Kohlenmeilern entströmten. Archäologische Grabungen lassen hoffen, daß man einzelne Details der montanistischen Anlagen noch heute im Gelände nachweisen wird können. In den beiden ersten Dezennien des 16. Jahrhunderts zogen sich sowohl die Fugger als auch Melchior von Meckau und die Tiroler Herren von ihrem Gasteiner Engagement zurück. Als Nachfolger kristallisierten sich nach und nach die heimischen Großgewerken heraus: die Weitmoser, die Zott und die Strasser. Ihre ertragreichsten Gruben lagen am Radhausberg. Der Bockhart und die Erzwies galten nach 1561 als ersaigert", als ausgebeutet. Die Schmelzhütten für die Radhausberger Erze waren heraußen im Haupttal plaziert und wiesen wesentlich größere Dimensionen auf. Man kann das sehr leicht anhand des Radius von erhaltenen Schlacken nachweisen. Während die Angertaler Schlacken außen noch eine ziemlich starke Krümmung aufweisen, sind die Schlacken von Bad Bruck, Lafen und Hundsdorf wesentlich weniger stark gekrümmt, was bedeutet, daß sie aus einem größeren Vorherd" stammen mußten, zu dem wiederum ein insgesamt größerer Herd gehörte. Bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts könnten die Hütten in der Gadauner Grundalm eventuell noch gelegentlich im Sommer betrieben worden sein, und zwar gewissermaßen als Ersatz für die großen Hütten im Haupttal. Diese mußten zumindest zeitweise im Sommer feiern" (stillstehen), damit deren Rauchschwaden die Wiesen und Getreidefelder nicht allzu sehr mit giftigen Niederschlägen von Schwefel und Arsen belasteten. Im letzten Drittel des 16. Jahrhunderts kam es zu einem rapiden Niedergang des Bergbaues. Im hintersten Angertal trat Stille ein, und die Luft war wieder klar und rein bis zum heutigen Tag. Text und
Ofenbild: Prof.Mag. Dr. Fritz Gruber Zurück | Teil 2
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