img0.gif (19770 Byte) Eine Informationsreihe des Montanforschungszentrums Radhausberg in Böckstein
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lampe_.gif (5722 Byte) Niederschrift
Über die Sitzung des Gewerkenrates der Gewerkschaft Rathausberg am 2. August 1938

Anwesend:
Ministerialrat Ing. Dr. Paul Ippen als Vertreter der Obersten Bergbehörde,
Mitglieder des Gewerkenrates: Sektionschef Ing. Otto Rotky als Vorsitzender, Sektionschef Dr. Leopold Joas, Hofrat Dr. Georg Steinböck, Dr. Rudolf Bermann, Konsul Max Imhof als Vertreter des Mitgliedes Dr. Meyer, Zürich,
Ferner: Generaldirektor Bergassessor a. D. Wisselmann der Preußischen Bergwerks- und Hüttenaktiengesellschaft, Berlin (Preuß-A.G.), Bergassessor Dr. Alsleben der Preußischen Bergwerks- und Hütten-Aktiengesellschaft, Bergdirektor Ing. Gustav Heinisch der Bleiberger Bergwerks-Union, Dr. Konstantin Kovarbasic, Rechtsanwalt, Salzburg, Sepp Wörther, Bürgermeister von Badgastein, Ing. Ferdinand Florentin-Blumfeld als Bergverwalter und Regierungsrat Carl Berens als Rechnungsprüfer der Gewerkschaft.
Entschuldigt war Sektionschef Ing. Max Stadler.

Die Tagesordnung lautet:

1) Vorbereitung für den auf ½ 4 Uhr nachmittag anberaumten ordentlichen Gewerkentag.
2) Beschluß über die Ausübung des Vorkaufsrechtes auf die vom österreichischen Bundesschatze der Preußischen Bergwerks-  und Hütten A.G. angebotenen 52 Kuxe.
3) Zuwahl von Mitgliedern des Gewerkenrates.
4) Allfälliges.

Der Vorsitzende eröffnet die Sitzung und bestimmt Fr. Demus zum Schriftführer.

Er begrüßt die Erschienenen, insbesondere die als Gäste eingeladenen Herren Generaldirektor Bergassessor a.D. Wisselmann, Bergassessor Dr. Alsleben, Direktor Ing. Gustav Heinisch, Dr. Kovarbasic und Bürgermeister von Badgastein Sepp Wörther.

Der Vorsitzende stellt fest, daß die vom Bunde ernannten Mitglieder des Gewerkenrates vertreten sind, von den auf dem Gewerkentage gewählten Mitgliedern sind nur zwei vertreten, denn Dr. Walter Fleischmann ist nach der Übertragung der Wetzlerkuxe an den Bund ausgeschieden, Wolfgang von Gutmann und Dr. Blauhorn haben in einer schriftlichen Erklärung ihre Stellen im Gewerkenrate zurückgelegt. Dr. Liebermann hat fernmündlich seinen Rücktritt an Ministerialrat Ippen gemeldet, bevor er ins Ausland übersiedelt ist.

Da nach § 11 der Statuten der Gewerkenrat beschlußfähig ist, wenn die Hälfte seiner Mitglieder oder deren Stellvertreter, davon mindestens die Hälfte der gewählten Mitglieder anwesend sind, macht der Vorsitzende den Vorschlag, die gewählten Mitglieder des Gewerkenrates mögen gemäß § 11, Abs. 5, der Statuten eine der vorzeitig erledigten Stellen durch Zuwahl aus der Reihe der Gewerken besetzen. Die beiden gewählten Mitglieder berufen Dr. Kovarbasic in den Gewerkenrat. Dieser ist nun beschlußfähig.

Zunächst wird Punkt 2) der Tagesordnung behandelt.

Der Vorsitzende verliest das Anbot des Landes Österreich an die Preuß-A.G. in der verbindlichen Fassung vom 1. August 1938. Da nach § 3, Abs. 2, der Statuten der Gewerkschaft ein Vorkaufsrecht auf diese Kuxe zusteht, über dessen Ausübung der Gewekenrat zu entscheiden hat, ersucht der Vorsitzende um Stellungnahme zu dem Anbot.

Konsul Imhof stellt die Anfrage, wie die Erhöhung des Kuxenbesitzes des Landes Österreich auf 52 Kuxe zustandegekommen ist.

Der Vorsitzende und Dr. Steinböck erklären, daß der Bund von Frau Mathilde Fleischmann, Dr. Walter Fleischmann und Frau Luise Zucker, zusammen zehn Kuxe gegen die Verpflichtung erworben hat, die rückständigen Zubußen zu zahlen und die Haftung für die Wechselschuld an die Österr. Nationalbank zu übernehmen. Gleichzeitig wurde dem Bunde die Forderung der Frau Fleischmann aus dem Sonderdarlehen abgetreten. Barzahlungen sind nicht geleistet worden. Da Kuxe an einen Mitgewerken veräußert wurden, stand der Gewerkschaft kein Vorkaufsrecht zu und der Gewerkenrat war daher von dem Anbote nicht zu verständigen.

Der Vorsitzende stellt den Antrag: Der Gewerkenrat beschließt von dem Vorkaufsrecht der Gewerkschaft auf die vom Lande Österreich (Bundesschatze) der Preuß-A.G. angebotenen Kuxe ist keinen Gebrauch zu machen.

Dem Antrag stimmen alle Mitglieder des Gewerkenrates zu, er ist somit einstimmig angenommen.

Zu Punkt 1) der Tagesordnung ersucht der Vorsitzende Generaldirektor Wisselmann, das Ergebnis der Verhandlungen bekannt zu geben, die zwischen der Preuß-A.G. und dem Edron Trust geführt worden sind.

Gen. Dir. Wisselmann führt aus: Da die Reichsregierung dem Edron Trust gegenüber die Erklärung abgegeben hat, daß sie die von ihm von der österreichischen Regierung gewährten Begünstigungen nicht aufrecht erhalten kann, stand dem Edron Trust das Recht zu, den Pachtvertrag mit sofortiger Wirksamkeit aufzulösen. Der Edron Trust hat von diesem Recht zunächst keinen Gebrauch gemacht, sondern ist wegen einvernehmlicher Lösung des Pachtverhältnisses in Verhandlungen mit der Preuß-A.G. eingetreten; diese ist vom Reichswirtschaftsministerium bestimmt worden, Anteile des Landes Österreich an der Gewerkschaft zu übernehmen. Die Verhandlungen sind nunmehr zum Abschlusse gekommen: Der Edron Trust wird erklären, daß er den Pachtvertrag und das Kaufrechstübereinkommen als aufgehoben betrachtet und keinerlei Ansprüche auf Entschädigungen der Gewekschaft gegenüber geltend machen wird.

Der Vorsitzende verliest die im Pachtvertrag enthaltenen Bestimmungen, die dem Edron Trust das Recht zur Lösung des Pachtverhältnisses geben. Mit dem Pachtvertrage fällt auch der Kaufrechtsvertrag. Die dem Revierbergamte in Wels als Treuhänder übergebenen Kuxscheine werden nunmehr frei. Nach Einlangen des Schreibens des Edron Trusts wird das Revierbergamt verständigt werden, daß die Gewerken die Rückstellung der Kuxscheine begehren können.

Gen. Dir. Wisselmann teilt mit, daß nach der Sitzung des Gewerkenrates der Vertrag mit dem Edron Trust noch heute unterzeichnet werden wird.

Der Vorsitzende ersucht Gen. Dir. Wisselmann zu berichten, in welcher Weise der Betrieb der Gewerkschaft Rathausberg geführt werden wird.

Gen. Dir. Wisselmann berichtet, daß die Oberleitung des Bergbaues in der Hand der Preuß-A.G. sein wird, der er als Gereraldirektor vorsteht, als technischer Leiter ist der Bevollmächtigte des Edron Trust, Oberst Edwards bestellt, die kaufmännische Leitung wird Ing. Flemming übernehmen. Oberst Edwards hat sich bereit erklärt, die deutschen Ingenieure in den Betrieb einzuführen und die von ihm ausgearbeiteten Betriebspläne zur Verfügung zu stellen. Nach dem Betriebsplane soll der Imhofstollen vorgetrieben und in den Gängen Aufschlußbaue getrieben werden; gleichzeitig werden von der Rauris her die Gänge des Hohen Goldberges mit einem Stollen unterfahren, dann der Rathausberger Gang wieder aufgeschlossen werden. Die Straße ins Naßfeld und die Staumauer vor dem Pochhartsee werden ausgebessert werden. Die Aufbereitungsanlage wird umgebaut, neue Wohnhäuser werden errichtet werden. Fördermittel, Bohrmaschinen, Preßluftanlagen und andere Maschinen müssen angeschafft werden.

Diese Arbeiten, dann die Rückzahlung der Wechselschuld an die Nationalbank und der Sonderdarlehen der Großgewerken werden im Jahre 1938 einen Aufwand von 2,7 Millionen Reichsmark erfordern; er schlägt vor, zur Deckung dieses Aufwandes eine Zubuße von 30.000 RM je Kux festzusetzen, von der 15.000 RM am 1. September 1938, der Rest nach Bedarf in zwei Teilen zu Fristen einzuzahlen ist, die vom Vorsitzenden bestimmt werden.

Mit diesem Antrage erklärt sich der Gewerkenrat einstimmig einverstanden.

Gen. Dir. Wisselmann erklärt, daß sich der Vorsitzende der Gewerkschaft mit allem Nachdrucke für eine Abfindung jener Gewerken eingesetzt hat, welche die Zubuße nicht leisten können; er habe ihn bewogen, einen Preis von 1000 RM für jeden Kux zu bewilligen, obwohl die Preuß-A.G. das Unternehmen als wertlos betrachten muß.

Der Vorsitzende schlägt vor, dem Gewerkentage folgenden Antrag zur Annahme zu empfehlen:

Der Betrieb des Bergbaues wird nach dem von Herrn Gen. Dir. Wisselmann vorgetragenen Betriebsplane wieder aufgenommen, die in seinem Voranschlage vorgesehenen Kosten werden genehmigt. Zur Deckung dieser Kosten wird eine Zubuße von 30.000 RM je Kux festgesetzt, von der 15.000 RM am 1. September 1938, der Rest nach Bedarf in zwei Teilen einzuzahlen ist. Der Vorsitzende der Gewerkschaft wird ermächtigt, die Fristen zur Einzahlung zu bestimmen.

Dr. Bermann dankt namens der Privatgewerken dem Vorsitzenden für sein Eintreten zu Gunsten der Gewerken, ebenso Herrn Gen. Dir. Wisselmann für sein Entgegenkommen, da das geltende Bergrecht auch eine andere Lösung zuläßt, die für die Gewerken noch bitterer gewesen wäre. Er erinnert aber daran, daß die Preuß-A.G. kein verfallenes Grubengebäude vorfindet, sondern einen bauhaften Bergbau und eine Vertrag mit eine ernsten Unternehmung, die der Preuß-A.G. wesentlich vorgearbeitet hat. Er bittet daher, die Angemessenheit des Kaufpreises unter Berücksichtigung dieser Tatsachen nochmals zu überprüfen.

Gen. Dir. Wisselmann erklärt, daß er leider nicht in der Lage sei, einen höheren Preis zu vertreten, doch habe die Preuß-A.G. erklärt, daß sie bei Gewerken, die in ungünstiger Vermögenslage sind, über diesen Preis nach eigenem beliebigen Ermessen noch eine Abfindung zahlen wolle.

Der Vorsitzende ersucht Dr. Kovarbasic, mit ihm Herrn Dr. Alsleben die Gewerken zu bezeichnen, welche besonders zu berücksichtigen sind.

Konsul Imhof dankt dem Vorsitzenden für seine Bemühungen.

Zu Punkt 3) der Tagesordnung weist der Vorsitzende darauf hin, daß durch den Eintritt der Preuß-A.G. an die Stelle des Bundes, des Landes Österreich, alle Bestimmungen der Statuten hinfällig werden, welche die Teilnahme des Bundes an der Gewerkschaft zur Voraussetzung haben, vor allem die Bestimmungen über die Ernennung von Mitgliedern des Gewerkenrates durch den Bund. Auf dem heutigen Gewerkenrate trete noch der Bund als Gewerke auf, weil die Umschreibung seiner Kuxe auf die Preuß.A.G. im Gewerkenbuche noch nicht vollzogen ist. Sobald die Preuß-A.G. im Gewerkenbuche eingetragen ist, steht ihr das Recht zu, kraft ihrer Mehrheit auf die Wahl der Gewerkenräte einen bestimmten Einfluß zu nehmen. Nach längerer Wechselrede wird beschlossen, dem Gewerkentage den Vorschlag zu machen, die Neuwahl des Gewerkenrates auf den nächsten Gewerkentag zu verschieben, der nach Klärung der Besitzverhältnisse einberufen werden wird, die Zuwahl von Dr. Kovarbasic wäre vom Gewerkentage zu bestätigen.

Bergverwalter Ing. Florentin trägt den Geschäftsbericht für das Jahr 1937 vor.

Der Vorsitzende bemerkt, daß Bergbau und Betriebseinrichtungen soweit erhalten wurden, daß sie in bauhaftem und gutem Zustande dem Edron Trust und nun der Preuß-A.G. übergeben werden konnten. Das ist das Verdienst des Bergverwalters Florentin, der mit großem Fleiß und Geschick alle Schwierigkeiten beseitigt, vorsorglich und sparsam gewirtschaftet hat. Er dankt Bergverwalter Florentin für seine Bemühungen und schlägt vor, ihm ohne Anrechnung seiner Weihnachtsremuneration einen Betrag von 500 RM zu bewilligen.

Dem Antrag wird zugestimmt.

Dr. Bermann dankt im Namen der Privatgewerken Herrn Bergverwalter Florentin für die Aufopferung und Umsicht, mit der er durch viele Jahre der Gewerkschaft gedient und ihren Besitz erhalten hat; er wünscht ihm alles Glück für die Zukunft.

Bergverwalter Florentin dankt für die anerkennenden Worte und für alles Wohlwollen und das Vertrauen, das ihm stets entgegengebracht worden ist.

Der Vorsitzende fordert den Rechnungsprüfer auf, den Rechnungsabschluß und den Bericht des Rechnungsprüfers vorzutragen.

Regierungsrat Berens verliest den Rechnungsabschluß und berichtet, daß keine wesentlichen Veränderungen gegenüber dem Vorjahre vorgenommen wurden, ausgenommen sind die Posten der Wertabschreibungen, die durch die Abschreibung der Mietzinsrückstände anläßlich der Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reiche eine Erhöhung erfahren haben.

Der Vorsitzende bemerkt, daß die Post „Vorräte" vielleicht etwas höher beziffert worden ist, als es dem tatsächlichen Werte entspricht, weil dies aus steuertechnischen Rücksichten notwendig war.

Der Gewerkenrat beschließt, den Rechnungsbericht und den Rechnungsabschluß zur Genehmigung vorzulegen.

Der Vorsitzende dankt dem Rechnungsprüfer nicht nur für die Überprüfung der Jahresrechnung, sondern für seine nützlichen Ratschläge und seine Mitwirkung bei der Übergabe des Werkes an den Edron Trust. Er schlägt vor, beim Gewerkentag eine Remuneration von 300 RM zu beantragen.

Dieser Antrag wird einstimmig angenommen.

Zu Punkt 4) der Tagesordnung schlägt Hofrat Steinböck vor, daß die Preuß-A.G. Inhaberin der Mehrheit der Kuxe wird, den Generaldirektor dieser Gewerkschaft, Bergassessor a.D. Wisselmann zum Direktor der Gewerkschaft im Sinne des § 14 der Statuten zu bestellen.

Der Vorsitzende verliest die Bestimmungen des § 14 der Statuten und bittet Gen. Dir. Wisselmann, die Stellung eines Direktors der Gewerkschaft anzunehmen.

Der Antrag wird einstimmig angenommen.

Der Vorsitzende begrüßt Gen. Dir. Wisselmann als Direktor der Gewerkschaft und wünscht, daß ihm in seiner aufbauenden Tätigkeit das Glück zuteil werde, das jeder Bergbau zu seinem Gedeihen braucht; seiner Tätigkeit und seinem Willen zum Aufbau möge voller Erfolg beschieden sein.

Gen. Dir. Wisselmann dankt für diese Wünsche und hofft, daß sie zum Segen des Landes Österreich in Erfüllung gehen mögen.

Der Schriftführer:     Der Vorsitzende:
G. Demus e.h.          O. Rotky e.h.

Anmerkungen:

Diese Wünsche sind, insbesondere was den Siglitz-Unterbau (Imhof-) Stollen betrifft, nicht in Erfüllung gegangen. Siehe dazu u.a. auch W.H. PAAR im Archiv für Lagerstättenforschung 1997, Band 19, p278-p282.

Bemerkenswert ist, daß die Beurteilung der Situation im Siglitz-Revier bereits 1930 durch den englischen Fachmann Bromly den Nagel auf den Kopf getroffen hat.

Es wird getrennt gezeigt (in Vorbereitung), daß die Goldausbeute der Preussag pro Tonne Hauwerk trotz modernerer Aufbereitungstechnik nicht höher war als die jene zur Zeit Imhofs (ca 7 g Au pro Tonne Hauwerk).

Weitere Anmerkungen folgen. 12/98/Le

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