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Agricola und der Gasteiner Bergbau
Bevor auf die Beziehungen Agricolas zum Gastein/Rauriser einzugehen ist, möge zuerst eine kurze Skizze der montanistischen Entwicklung dieses Reviers als Einführung dienen.
Die Anfänge des dortigen Edelmetallbergbaues reichen in keltisch-römische Zeit zurück. Diese globale Aussage ist durch neueste archäologische Forschungsergebnisse gesichert, doch fehlen aussagekräftige Details. Wenn das geographisch-historische Register des Kommentarbandes zur renommierten Agricola-Ausgabe aus dem ehemals ostdeutschen Fachverlag vermerkt, daß allein in Rauris 17 „keltisch-römische" und 25 „mittelalterliche" Schmelzanlagen betrieben wurden, so basiert diese Angabe auf einem alten, durch die neuere Forschung längst überwundenen Wissensstand. Mit Verwunderung liest man in der genannten Quelle weiters, daß goldhältige Arsenkiese in der Römerzeit verarbeitet wurden, im Mittelalter aber ungenützt liegenblieben, bis Christoff Weitmoser 1547 eine neue Schmelzhütte in Lend baute. Um diesen Kommentar aus heutiger Sicht zu kommentieren, müßte man sich auf das Setzen von Fragezeichen beschränken. Kehren wir also in die Bereiche gesicherter Tatsachen zurück.
Die wichtigste frühe Jahreszahl betrifft das Jahr 1342, in welchem der Salzburger Landesherr, Erzbischof Heinrich von Pirnbrunn, die berühmten „Constituciones et iura montana in Chastune" ausdrücklich für den Gasteiner Goldbergbau erließ. Eine frühere, etwas vage Angabe, die sich nicht unbedingt auf Edelmetall beziehen muß, datiert aus 1340, in welchem Jahr in einer Rauriser Urkunde ein „Bla-Hütte" erwähnt wird. Der Ausdruck ist eher für das Eisenwesen typisch, und so bleibt in diesem Zusammenhang zu beachten, daß auf der sogenannten „Erzwies", die sowohl von Gastein als auch von Rauris leicht erreichbar ist, hochwertige Eisenvorkommen lagern. Grundsätzlich ist aber im ältesten Sprachgebrauch eine „Bla-Hütte" einfach ein Gebäude mit einem Blasebalg, mit dessen Hilfe jede Art von Erzen geschmolzen werden konnte.
Bezieht man den gesamten Tauernbereich in die Frage nach den Anfängen des Goldbergbaues (1074, sicher 1186 „Zessen" bei Hüttenberg; 1287 „Vanchpfennig"; 1292 Mittersill, 1414 „Hohengang"im Murwinkel, 1425 Lanisch) ein, so ist noch eine bislang unbeachtet gebliebene Nachricht von Bedeutung, die die Tauernsüdseite betrifft. In einem Verleihbrief der Görzer Grafen aus dem Jahre 1338, ausgestellt auf Heinrich von Lavant, wird in der Liste der verliehenen Rechte als eigenes Item angeführt „das goldärtzt im Kirchhaimer gericht under dem Tauern gelegen bey dem fleiß". Das heißt mit anderen Worten: Der früheste eindeutige Beleg für den Goldbergbau in den Tauern datiert aus dem Jahr 1338 und betrifft das Gebiet der beiden von Heiligenblut ins Sonnblickgebiet hinaufziehenden Fleißtäler. Über die jüngere Geschichte des dortigen Bergbaues hat ja Wießner in seinem Monumentalwerk berichtet.
Die Frühzeit des Tauernbergbaues ist durch das „Pächtersystem" gekennzeichnet. Der Landesherr als Inhaber der Regalrechte verpachtete - nicht wie der ostdeutsche Agricola-Kommentarband meint - den Bergbau an sich, sondern lediglich das Recht auf Frone und Wechsel an finanzkräftige Bürger, die gegen sofortige Überantwortung eines Fixbetrages an den Landesherrn ihrerseits das Recht erhielten, in den Folgejahren Fron- und Wechselerträge in ihre eigene Tasche zu kassieren. Diese Vorgangsweise entsprach letztendlich dem alten feudalistischen Denken, das der heutigen Zeit - gottlob - unvorstellbar geworden ist. Niemand käme auf den Gedanken, dem Finanzminister etliche zig-Milliarden auf den Tisch zu legen, wenn er im Gegenzug innerhalb einer abgegrenzten Zeitspanne von mehreren Jahren gewisse Steuern für sich selbst kassieren dürfte. Dieses alte feudalistische Pachtsystem, das durch Sub-Pachtverträge im Montanwesen gelegentlich der pyramidenförmigen Struktur des Lehenswesens ähnelte, florierte im 14. und 15. Jahrhundert, wobei es sich auf der Tauernsüdseite etwas länger halten konnte als im Salz
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