Eine Informationsreihe des Böcksteiner Montanforschungszentrums Radhausberg

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naten brachte er es auf 950 Kübel, während andere nur die Hälfte dieser Menge erlangten. Im Jahre 1506 betätigte sich Weitmoser mit einer unbekannten Zahl von Hilfskräften noch immer in derselben Grube, doch lagen die Summen seiner Raitungen im Schnitt 10 Mal höher als die der anderen Häuer. Das bedeutete, daß ihm nach Auszahlung seiner Lidlöhner noch ein hoher Überschuß verblieb, den er nach und nach in den Erwerb von Grubenanteilen investierte und somit den wirtschaftlichen und sozialen Sprung auf den Status eines freien Montanunternehmers schaffte und zugleich für sich und seine Nachkommen den Grundstock für den Aufstieg ins Großgewerkentum sicherte.

Von den Rahmenbedingungen her die wichtigste Voraussetzung, die einen derartigen Aufstieg erst ermöglichte,  war das System der Lehenschaft in ihrer klassischen Ausprägungsform. Im Gegensatz beispielsweise zum sächsischen  Direktionssystem, in welchem fix besoldete Zeitlöhner einem fix besoldeten „Schichtmeister" unterstanden und das benötigte Betriebskapital von teiulweise bergwerksfremden, anonymen Kuxenbesitzern kam, bot nur das grundverschiedene „Lehenschafttssystem" der Ostalpenländer solche Aufstiegschancen. Dieses System ist durch die drei hierarchisch gestuften Schichten von Bergwerksverwohnten charakterisiert. Die unterste, breiteste Schicht bildeten die sogenannten „Lidlöhner", die für Zeitlohn arbeiteten. Die ihnen übergeordnete Schicht waren die „Lehenschafts-Führer", kurz „Lehenschafter", die im Akkord ihr Geld verdienten und die man als „Arbeiterunternehmer" bezeichnen könnte, da sie einerseits mit eigener Hand arbeiten mußten, andrerseits aber auch unternehmerische Fähigkeiten besitzen mußten, etwa die Fähigkeit zur Arbeitsorganisation und die Fähigkeit zum Erwerb des technischen Know-How.  Die höchste Schicht waren dann die besitzenden und privatwirtschaftlich agierenden „Gewerken".

Aber nochmals zurück zu den Lehenschaftern. Sie übernahmen in pachtähnlichen Akkord-Verträgen die den Gewerken gehörigen Gruben und bearbeiteten sie mit eigener Hand, aber natürlich auch unter Zuhilfenahme von Zeitlöhnern. Abweichend von normalen Pachtverträgen, bei denen der Pächter dem Verpächter eine gewisse Summe zahlt und dann auf eigenen Gewinn und Verlust arbeitet, galt damals - wir sprechen immer vom 16. Jahrhundert - eine andere Regelung. Zwar konnte ein Lehenschafter nach eigenem Gutdünken die Arbeit organisieren und war in dieser Hinsicht einem Pächter ähnlich, doch entrichtete er an den Gewerken als den Besitzer der Grube nicht einen Pachtzins, sondern ganz im Gegenteil, er erhielt vom Gewerken einen echten Akkordlohn, der im Falle des Streckenvortriebs im tauben Gestein nach der Länge der ausgeschlagenen Strecke, im Falle des Erzabbaus vor Ort nach Quantität und Qualität des eroberten Erzes berechnet wurde. Im letztgenannten Fall war es natürlich nicht so, daß der Gewerke den vollen Wert des Erzes bezahlte, sondern nur rund ein Drittel davon. Zwei Drittel des Wertes behielt er selbst - wie sonst hätte ein Gewerke reich werden können? Aber auch für den Lehenschafter bot sich mit dem ihm zukommenden Drittel die Chance auf echten Gewinn. Die mit ihm arbeitenden Zeitlöhner bekamen für ihre Arbeit immer das gleiche bezahlt, unabhängig davon, ob sie reines Erz oder stark mit Taubem durchsetzten gremsigen Bruch hauten, vor allem aber auch unabhängig davon, ob sie sehr wertvolles oder minderwertiges Erz schlugen. Für den Lehenschafter hingegen war die Erzquantität, vor allem aber die Erzqualität, von entscheidender Bedeutung, da er bei der Eroberung von großen Mengen oder besonders wertvollem Erz in stets gleichbleibender Relation am Gewinn seines Gewerken mitpartizipierte. Diese Gewinnmöglichkeit war nicht an den Besitz des „Betriebsmittels" „Grube" gebunden und somit stand grundsätzlich auch einem zunächst besitzlosen Arbeiter der Weg über die Position eines Lehenschafters und über dessen Gewinnchancen hin zum besitzenden Gewerken offen. Daß diese am Beispiel der Weitmoser verifizierbare Tatsache gewissen ideologisch präfixierten Lehrmeinungen nicht in den Kram paßt, ist klar und verleiht in diesem Zusammenhang den Weitmosern eine geschichts-theoretische, oder, wenn Sie so wollen, eine geschichts-philosophische Dimension.

Aber nochmals zurück zur Situation eines Lehenschafters. Ihm boten sich nicht nur Chancen zum Aufstieg, sondern, und das muß auch erwähnt wer

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