Eine Informationsreihe des Böcksteiner Montanforschungszentrums Radhausberg

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den, auf ihm lastete latent das Risiko einer mißlingenden Lehenschaft. Trat beispielsweise während der Arbeit eine starke Verschlechterung der Erzqualität ein, so mußte der geschlossene Lehenschafts-Vertrag bis zum vereinbarten letzten Tag durchgehalten werden. Es konnte dann geschehen, daß der Lehenschafter vom Gewerken viel weniger Geld erhielt, als er seinen Zeitlöhnern zahlen mußte. Schon in der großen Salzburger Bergordnung von 1477 sind Regelungen für diesen Fall vorgesehen - doch was halfen diese, wenn sich der Lehenschafter bei Nacht und Nebel aus dem Staub machte? Etwa ab der Mitte des 16. Jahrhunderts wurden solche Situationen durch sogenannte „Hilfsgelder" entschärft. Konkret ging das so, daß dem Lehenschafter im Falle einer mißlingen Lehenschaft, die also wegen mangelnder Erzquantität oder Erzqualität oder im schlimmsten Fall aus beiden Gründen einen zu niedrigen Betrag erwirtschaftete, die Zahlung eines für das Notwendigste ausreichenden Minimal-Betrags, eben des"Hilfsgeldes", zugestanden wurde. Die für den Lehenschafter grundsätzlich angenehme Situation, daß vollen Gewinnchancen kaum mehr ein echtes Verlustrisiko gegenüberstand, hielt allerdings nicht lange an. In der großen Salzburger Bergordnung von 1591 wurde den Lehenschaftern gegenüber neben dem Hilfsgeld auch ein nicht allzu hoch liegendes Auszahl-Maximum festgelegt, sodaß es fortan weder einen wirklich großen Gewinn des Lehenschafters geben konnte, noch dessen totalen Ruin. Damit war das Beispiel der Weitmoser für alle Zeiten unwiederholbar geworden.

Eine theoretisch vorstellbare Alternative zur Lehenschaft als Weg zum Reichtum, daß nämlich ein besitzloser Fundgrübner ohne finanzielle Mittel ein wenig Dammerde wegkratzt und ihm das reine Gold entgegenkollert und bleibenden Reichtum sichert, ist zumindest in der Tauernregion nirgends belegbar, wenn sich auch dieser Gedanke in der Sagenwelt großer Beliebtheit erfreut. Natürlich gibt es das, was man gemeinhin als „Bergglück" und „Bergsegen" bezeichnet, ausdrücklich auch bei den Weitmosern. Zu bleibendem Reichtum kann das aber nur führen, wenn die Rahmenbedingungen des technischen Know-How, des oft intuitiven Feingefühls für wirtschaftliche Belange, der unternehmerischen Risikobereitschaft und schlußendlich einer wenigstens ansatzweise vorhandenen montanistischen Infrastruktur gegeben sind.

Die weitere Entwicklung der Familie Weitmoser ist vielsträngig, sodaß hier zunächst nur ein Aspekt herausgegriffen werden kann, und zwar ein Aspekt, der doch über das rein Familiengeschichtliche hinausgehende Bedeutung hat. Es geht um die Beteiligung der Weitmoser am sogenannten „Bauernkrieg" von 1525. Dieser Aufstand gegen die Landesherrschaft wurde nämlich keineswegs von den Bauern initiiert, sondern von den Gewerken, allen voran von Hans und Erasmus Weitmoser.  In der älteren Literatur und zum Teil auch noch heutigentags wird als alleiniger Grund für den Ausbruch des Aufstandes Ende Mai 1525 die Unterdrückung der Bauern in ihren verschiedensten Erscheinungsformen genannt, doch zeigt allein schon die Analyse des offiziellen Forderungsprogramms der Gasteiner Aufständischen, das damit nicht der wahre Grund ausgesprochen sein konnte. Der Pfarrer soll sich bescheidener verhalten, im Gasteiner Armenbadspital soll künftig bessere Zucht und Ordnung herrschen. Natürlich protestierte man auch- wie immer- gegen die zu hohen Abgaben jeder Art und forderte beispielsweise die Abschaffung des „Ungelds", einer spezifischen Form der Getränkesteuer. All dies war aber für die breite Masse der kleinen Bauern sicher nicht Motivation genug, sich in einen Aufstand gegen die Landesherrschaft einzulassen. Es ist bezeichnend, daß die späteren Bauernführer, die sich beim zweiten Aufstand im Jahre 1526, der eine ganz andere Dynamik als der von 1525 hatte, in führenden Positionen hervortaten, allesamt Großbauern waren, die allein in Gastein drei, vier, ja fünf und mehr Güter besaßen. Das waren keine armen, unterdrückten Leute! Der Großteil der reichen Bauern zog auch gar nicht in eigener Person in den Krieg, sondern besoldete eigene und andere Knechte mit einem Gulden pro Woche - ein ansehnlicher Betrag, von dem ein Bauernknecht unter normalen Bedingungen nur träumen konnte. Kronzeuge für diese Situation ist nicht zuletzt die „Gasteinerische Chronika" aus dem Jahr 1540, deren Formulierungen keinen Zweifel darüber zulassen, daß sich Ende Mai 1525 die Bauern zunächst nur auf Drängen der Gewerken den Aufstän

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