" ... noch kein Schriftsteller hat die Wirklichkeit so beschrieben wie sie wirklich ist
das ist das Fürchterliche"

aus Thomas Bernhard, Heldenplatz

Golderzmühlen im Gasteiner Nassfeld, Schaumühle 1


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Schaukraftwerk im Gasteiner Nassfeld. Links und rechts der Auffahrt sind vor einer experimentellen Golderzmühle ca. 250 Mühlsteine bzw. Mühlsteinbruchstücke zu sehen.

Es läßt sich zeigen, dass vom 14. bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts im Gasteiner Nassfeld tausende Mühlsteine beim Mahlen von Golderz mit Hilfe von wassergetriebenen Golderzmühlen verbraucht wurden.

Ein großer Teil dieser Mühlsteine wurde in der Folge durch verheerende Hochwässer entlang des gesamten Talverlaufes der Nassfelder Ache in bis zu ca. 2 Meter Tiefe unter verschobenem Geröll vergraben.

Im Laufe der Jahrhunderte wurden solche Mühlsteine bzw. deren Bruchstücke für den Bau von Umgrenzungsmauern und Almhütten verwendet und von Liebhabern für Dekorationszwecke dem Nassfeld entzogen.

Um diesen Verlusten an historischen Objekten vorzubeugen wurde vor mehr als 25 Jahren im Rahmen eines Forschungsvorhabens des Montanforschungszentrums Radhausberg begonnen, diese Golderzmühlsteine zu sammeln.

Nunmehr sind, als Ergänzung zur Darstellung der moderneren Golderzaufbereitungsanlagen aus dem 16. bis zum 20. Jahrhundert, welche sich im Säumerstall des Gasteiner Montanmuseums befinden, vor dem Schaukraftwerk im Nassfeld sowohl eine elektrisch betreibbare experimentelle Golderz-Stockmühle als auch der Nachbau einer Golderzmühle aus der Zeit Agricolas um 1530, angetrieben durch ein vertikales Wasserrad, in Anlehnung an historische Darstellungen aufgestellt.

Die weltweit wohl einzigartige Sammlung von Golderzmahlsteinen bzw. deren Bruchstücken soll - ausgebreitet vor dem Schaukraftwerk - den ehemals regen Golderz-Aufbereitungsbetrieb im Gasteiner Nassfeld veranschaulichen.


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 Elektrisch betreibbare experimentelle Stockmühle. Leihgeber: Erwin Leitner. Baujahr 2016.


Das Video zeigt Vorarbeiten zur Aufstellung von Golderzmühlen vor einer Sammlung von historischen Golderz-Mühlsteinen im Jahre 2016.

Vor 20 Jahren: Das Video zeigt die feierliche Inbetriebnahme einer Golderzmühle mit Hilfe der heimischen freiwilligen Feuerwehr im Jahre 1997 anläßlich einer Fachexkursion des Montanhistorischen Vereins für Österreich nach Lend und Böckstein. Berichte darüber finden sich unter der Website 2000.

Golderzmühlen im Gasteiner Nassfeld, Schaumühle 2 


Nachbau einer Golderzmühle mit einem vertikal laufenden Wasserrad nach einer Abbildung in Georg Agricolas Werk "De Re Metallica" aus dem Jahre 1556.

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Georg Agricolas lateinisch geschriebene Werk „De Re Metallica“ über das Berg- und Hüttenwesen war im Jahre 1550 vollendet, erschien aber erst 4 Monate nach dem Tod des Verfassers im Jahre 1556 bei Frobes in Basel.

Ebendort erschien die von Philipp Bech besorgte deutsche Ausgabe im Jahre 1557, welche er dem heimischen Gewerken Christoph Weitmoser widmete.

In diesem Buch findet sich die folgende Beschreibung zur oben dargestellten Abbildung einer Golderzmühle mit einem vertikal laufenden Wasserrad:

„Das Golderz wird mit Hämmern zerkleinert oder gepocht und dann zu Mehl gemahlen.

Die Mühle, die durch Wasserkraft betrieben wird, ist folgendermaßen gebaut:

Die Welle wird mit dem Zirkel gerundet oder eckig hergestellt, ihre eisernen Zapfen laufen in offenen eisernen Pfannen, die in das Mehlgerüst eingebaut sind.

Die Achse wird durch ein Rad angetrieben, dessen am Umfang angebrachte Schaufeln durch das strömende Wasser getroffen werden.

Auf der Achse sitzt ein Kammrad, dessen Kämme seitlich befestigt sind; diese treiben das Getriebe, dessen Kämme aus sehr hartem Holz hergestellt sind.

Letzteres sitzt auf einer eisernen Welle, die unten einen Zapfen hat, der sich in einer eisernen Pfanne des Mühlgerüstes dreht.

Oben trägt es die Haue, welche den Mühlstein hält.

Wenn die Kämme des Kammrades das Getriebe antreiben, läuft die Mühle um, auf die der darüber hängende Trichter durch einen Austrag das Erz aufträgt.

Das zu Mehl gemahlene Erz tritt aus dem runden kreisförmigen Gerinne in den Austrag, fällt auf den Boden, häuft sich dort an und wird zur Wäsche geführt.

Da diese Art zu mahlen es erfordert, dass der Mühlstein höher oder tiefer gestellt werden kann, wird das Lager der stehenden Welle von zwei Hölzern unterstützt, die mittels Hebebäumen und durchgesteckten Bolzen höher oder tiefer verlagert werden können.“

 

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Nachbau einer "Agricola-Golderzmühle" durch die Herren Josef Gfrerer und Günther Oitzinger. Baujahr 2017.

 

Bergung von historischen Mühlsteinen im Gasteiner Nassfeld


Im Verlaufe der Regulierung der Nassfelder Ache wurde nach Überresten einer Golderzmühle ohne Erfolg gesucht. Jedoch konnten 45 Mühlsteine bzw. Bruchstücke davon in bis zu 2 m Tiefe geborgen werden, welche im Laufe der Jahrhunderte dort abgelagert wurden. Sie können nunmehr vor dem Schaukraftwerk im Gasteiner Nassfeld besichtigt werden. Mühlsteine wurden in großer Zahl auch entlang des ganzen Nassfelder Tales bis zum Beginn des Weissenbachtales gefunden, sodass eine Hochrechnung ergab, dass noch tausende Mühlsteine bzw. deren Bruchstücke unter Bachschutt begraben liegen.


Der Goldgehalt der Golderze des Großgewerken Joseph Zott im Jahre 1548 im Vergleich zu jenem der Gewerken des 20. Jahrhunderts.

Auszug aus einer in Vorbereitung befindlichen Publikation:

Erzart Erz Gold
Tonnen g/t
Glaserz 370 127,6
Kies 1.008 35,0
Bruch 2.699 11,7
Gesamt 4.077 28,0

Ausbringen von Gold aus Golderzen in Gramm pro Tonne Erz, getrennt nach Erzart und Gesamt.

Aus diesen rund 4.000 Tonnen innerhalb eines Jahres abgebauten Erzen  wurden rund 114 kg Gold gewonnen.

Der Großgewerke J. Zott hatte zu dieser Zeit einen Produktionsanteil an Gold und Silber von rund 20% der Gesamtproduktion aller Gewerken.

Von solch einem Ausbringen von 28 g/t Gold aus den Golderzen der Blütezeit des Gasteiner Goldbergbaus konnten die Gewerken des 20. Jahrhunderts nur mehr träumen.

Sie erreichten im Schnitt nur rund 7 g/t Gold aus 15% kieshältigen Erzen aus dem Bergbaurevier Siglitz..

Zuletzt wurden während des zweiten Weltkrieges durch die Gewerkschaft Radhausberg unter der Preußag innerhalb von 4 Jahren  aus 35.000 Tonnen Hauwerk  nur 223 kg Gold gewonnen.

Daraus ergibt sich folgender weiterer quantitativer Vergleich:

Gewerke Erz Gold
Tonnen kg
J. Zott 4.077 114
Preußag 9.750 56

Jahresertrag an Gold des Gewerken J. Zott um 1550 und der Preußag während des zweiten Weltkriegs


Joseph Zott konnte während der Blützeit des Goldbergbaues - primär durch reiche Erze aus dem Radhausberg - erhebliche Gewinne erwirtschaften.

Demgegenüber erlitt die Gewerkschaft unter der Preußag mit armen Erzen aus dem Siglitz-Bockhart-Erzwies Kluftsystem riesige Verluste, welche jedoch fast zur Gänze durch das ehemalige Reich im Rahmen zinsloser steuerfreier Zuschüsse gedeckt wurden.



Die vielen Bergbauhalden auf der Erzwies oberhalb Bad Hofgastein sind Zeugen des spätmittelalterlichen Bergbaus auf Gold, Silber und Blei. Hier begann die Entwicklung von Christof Weitmoser zum Großgewerken. Das kilometerlange Kluftsystem kann über die Baukarlscharte und Kolmkarscharte bis in das Bräuwinkelkar unter dem Schareck verfolgt werden, erkennbar auch im Überflug. Über Montanforschungen auf der Erzwies siehe Link Vortrag Erzwies



Beiträge aus dem Jahre 2013.

Montanforschungszentrum Radhausberg

Auf vielfachen Wunsch wird die am Anfang des Jahres 2001 aus dem Internet genommene alte und in vielen Teilen wissenschaftlich nicht mehr aktuelle Website des Montanforschungszentrums Radhausberg zum Gasteiner Goldbergbau bis auf  weiteres zugänglich gemacht.

Hier der Link zur alten 2000er Webseite unter dem Titel: Der Gasteiner Goldbergbau (2024 offline wegen Wartung)

Siehe auch die zweisprachige Einführung "Introduction to the Goldmining History of the Gastein Valley" (2024 offline wegen Wartung) und das Photoarchiv mit vielen Bildern vom Inneren des Radhausberges, etc.

 

Neue Montanforschungsergebnisse

werden unter der Online-Zeitschrift Der Radhausberg, Zeitschrift für Montangeschichte, ISSN 2218-3582, publiziert.

Parallel dazu wird diese Online-Zeitschrift in einer Printversion unter demselben Titel herausgegeben (Der Radhausberg, ISSN 2218-3574).

 

Jubiläum 20 Jahre Golderzaufbereitungsanlage im Böcksteiner Säumerstallmuseum

Im Jahre 2014 wird die Aufbereitungsanlage im Säumerstallmuseum 20 Jahre alt. Für Details zur Planung und Errichtung dieser Anlage nach Pläner aus der Zeit um 1830 siehe den Einreichplan für den Bau der Golderzaufbereitungsanlage vom 15. Jänner 1994 (pdf-Dokument, ca. 4,5 MB).

 

Vortrag zum Bergbau auf der Erzwies bei Bad Hofgastein

Eine den Teilnehmern eines Vortrags über Montanforschungen/Ausgrabungen auf der Erzwies bei Bad Hofgastein am 5. Mai 2002 übergebene Photomontage ist über den Link Vortrag Erzwies erreichbar. Fast alle Photos auf dieser Seite können formatfüllend vergrößert werden. Enthält auch ein Video vom Flug über das Grabungsareal.

 

Archäologische Ausgrabungen

Die Ergebnisse der montanarchäologischen Ausgrabungen auf der Erzwies werden nach Abschluss der wissenschaftlichen Arbeiten (Erstellung umfangreicher bebilderter Fundkataloge mit dazugehörigen Befunden, Bestimmung der geborgenen Tierknochen etc.) und nach Abstimmung mit dem Bundesdenkmalamt zuerst in einer einschlägigen Fachzeitschrift über Archäologie in Österreich publiziert.

Abbaukaverne

Bergbau Erzwies, 15.Jahrhundert:Abbaukaverne



Anmerkung: Die Erschließung dieses Bergbaus im Rahmen eines vom Bundesdenkmalamt genehmigten archäologischen Projektes obertags, eröffnete die Möglichkeit der Initialisierung eines mineralogischen Teilprojektes zur "Genese der Silber-Zink-Lagerstätten im Erzwies-Revier bei Bad Hofgastein".

Der diesem Forschungsprojekt zugrunde liegende Entwurf des Forschungsantrags von seiten des Montanforschungszentrums Radhausberg (MFZR) vom 7. März 2001 ist als pdf-Dokument einsehbar.

Über die einschlägigen Forschungsergebnisse zu diesem Projekt hat Herr Professor Werner PAAR im "Buch vom Tauerngold" (2006, Verlag Anton Pustet) auf den Seiten 65 bis 72 berichtet. In diesem Bericht ist auch eine Karte des Grubengebäudes und des Höhlensystems der Silberpfennighöhle enthalten.

Das Titelbild zeigt am rechten Rand einen Teil der sogenannten "Herrgottzirbe" oberhalb der Bergstation des Graukogelliftes mit dem vom Bildhauer Hermann Leitner Anfang der fünfziger Jahre des 20. Jahrhunderts aus Zirbenholz geschnitzten Christus am Kreuz. Die Inschrift auf der Tafel lautet: "Zum Gedenken an die gefallenen Berg- und Skikameraden". Für eine Detailansicht des Bergchristus siehe das Werkstattbild.

Über die Auswahl der Domainendung .org: "Trusted across all backgrounds, ages and nationalities, .ORG is where people turn to find credible information, get involved, fund causes and support advocacy. As a premier domain, .ORG provides an unrivaled channel to share ideas, to enhance lives, to advance your mission."

Radhausbergmassiv

Der berühmte Weltkurort Bad Gastein vor dem Radhausbergmassiv. Die Reichgold führende Hauptkluft beißt unterhalb der in der Bildmitte sichtbaren höchsten Bergspitze (Salesenkogel) aus (siehe die eingezeichnete gelbe Linie).

Der kaum ausgeprägte Gipfel des Radhausberges liegt rechts unterhalb des Gipfels des Salesenkogels und knapp rechts vom obersten Teil des Hauptkluftausbisses.

Böckstein liegt am Fuße des Radhausberges etwas oberhalb der Bildmitte auf ca. 1100 m über dem Meeresspiegel.

Circa 180 Meter über Böckstein liegt der Gasteiner Heilstollen (rote Linie als Projektion nach außen), das Gesundheitszentrum der Radon-Therapie.

Es läßt sich nachweisen, daß am Vortrieb des heutigen Gasteiner Heilstollens während des zweiten Weltkriegs - neben den ca 30% einheimischen Knappen - zu rund 70% Knappen aus Polen gearbeitet haben.

Siehe dazu den Bericht des Betriebsleiters Karl Zschocke über den Vortrieb des Radhausberger Unterbaustollens für den Monat Dezember 1942. Demnach war der Stand der Belegschaft am Monatsschluss: 15 Deutsche, davon 1 krank; 25 Polen, davon 1 krank, 4 auf Urlaub und 1 in Haft. Summe 40 Mann, 1 Aufseher.

Russische Kriegsgefangene haben zu keiner Zeit im Radhausberg-Unterbaustollen gearbeit. Dieses Faktum wird für so manchen Kurgast, welcher die Heilstollenkur in Gastein absolviert, aber auch für Personen, welche ein Hotel oder Pension führen, Kurgäste betreuen oder für Fremdenführer und Bergführer von Interesse sein.

Es wird also Zeit, eine wissenschaftlich fundierte Ausarbeitung zum Thema Arbeiterschaft und Zwangsarbeit beim Gasteiner Goldbergbau vorzulegen, da insbesondere viele dankbare Heilstollenpatienten Interesse für die historischen Gegebenheiten und Lebensumstände der Bergarbeiter während der NS-Zeit zeigen.

Diese Ausarbeitung wird unter anderem durch die Tatsache erschwert, dass ein Teil der lokalen Dokumente aus dieser Zeit in den 90er Jahren aus Unkenntnis ihrer historischen Bedeutung vernichtet bzw. der erhaltene Teil bisher der wissenschaftlichen Forschung nicht zugänglich ist und auf in diversen Archiven verstreute bzw. von Privatpersonen "gerettete" Unterlagen zurückgegriffen werden muss.

Hunt_UntereVertrag

Bergbau Radhausberg: Hunt (Bergtruhe) aus dem Unteren Vertragstollen. Einige weitere Bilder vom Bergbau Radhausberg - dem mit Abstand bedeutendsten Goldbergbaurevier innerhalb des Gesamtreviers Gastein und Rauris - sind im Photoarchiv zusammengestellt.

 

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